DFC 1872

DFC 1872

Dresden Football Club

Der Dresden Football Club von 1873

In Dresden existierte im 19. Jahrhundert eine relativ große englischsprachige Gemeinde. Bereits 1858 wurde der exklusive Anglo-American Club gegründet, 1871 die Wochenzeitung The Stranger's Guide to Dresden. Der erste Bericht auf Deutsch über den Dresden Football Club stand in der Leipziger  Illustrirten Zeitung vom 25.4.1874, dem deutschen Pendant zur Illustrated London News. Ein Holzstich zeigt die britischen und amerikanischen Sportler mit dem Tatzenkreuz (Cross pattee) als Clubzeichen auf den Hemden. In diesem Beitrag wird von einem Leichtathletikwettkampf berichtet, der zehn Disziplinen umfasste. Diese Ersterwähnung ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Gründungsdatum. Es heißt nur, dass die Mannschaft 1874 bereits existierte. Tatsächlich bestand sie aber bereits 1873, denn aus dem Jahre liegt ein Artikel vor, der das genaue Gründungsdatum angibt. In einem Spielbericht in Spiel und Sport vom November 1896 heißt es zwar knapp: „Noch nie seit dem Bestehen des Dresden Football Club (1872) haben sich in Dresden so wichtige Ereignisse abgespielt wie in den letzten Tagen …“, aber dies zeigt nur, wie vorsichtig man bei mündlich tradierten Angaben sein muss. Die Dresdner Mannschaft ist also ein Jahr jüngerr als eine überwiegend englische Schülermannschaft in Baden-Baden-Oos und der Havre Football Club in der Normandie. 
Fußball war in jenen Jahren in Deutschland noch nicht etabliert. 1874 führte der Lehrer Konrad Koch das Fußballspiel an seiner Schule in Braunschweig ein, es war aber noch die Rugby-Variante (Fußball mit Aufnehmen des Balles). Rugby wurde in einigen Städten (Bremen, Hannover, Frankfurt, Darmstadt) weitaus populärer als Assoziationsfußball. Vor allem an Schulen mit englischen Schülern, hier sind das Heidelberg College und das benachbarte Neuenheim College zu nennen, wurde Rugby gespielt und auch in Bad Cannstatt, einem Kurort mit vielen britischen und amerikanischen Gästen (um 1865). Für das Jahr 1888 ist das erste überregionale Assoziationsspiel in Deutschland überliefert, als das Heidelberg College beim English Football Club Freiburg mit 2:1 gewann. 
Das erste Spiel des DRESDEN FOOTBALL CLUB ist bislang für das Jahr 1891 bezeugt, als man in Berlin 9:0 gewann. Dort hatte der Engländer Tom Dutton in den 1880er Jahren das Fußballspiel bekannt gemacht, 1883 wurde der Berliner Cricket Club (B.C.C.) gegründet, in dem Briten und Deutsche spielten und aus dem sich 1890 die Spieler des English Football Club Berlin rekrutierten. 1885 entstand der Berliner Fussball-Club Frankfurt, dem andere folgten (1888 BFC Germania, 1889 Thorball- und Fußball Club Victoria). Auf Einladung des E.F.C. Berlin trat die Dresden XI in Berlin an und kam zu dem souveränen Sieg. Als deutschnationale Sportler um den B.F.C. Frankfurt den anti-englischen „Bund deutscher Fussballer“ gründeten, kam es als Gegenreaktionen zur Gründung des „Deutschen Fußball- und Cricket-Bundes“ (DFuCB), an dessen Spitze der Deutsch-Engländer John Bloch stand. Bloch, in Birmingham geboren, und Mitglied des B.C.C. wurde zum Präsidenten des DFuCB gewählt und übernahm als Redakteur die Deutsche Ballspielzeitung, die er dann in Spiel und Sport umbenannte. Sie wurde zum Sprachrohr für die Fußballer in Deutschland. Der DFuCB veranstaltete die sogenannten „Bundesmeisterschaften“.  
Der Dresden Football Club nahm nie an Meisterschaftsspielen teil. Erstaunlicherweise gab es keinen Kontakt nach Leipzig, wo sich ab 1893 mehr und mehr Teams bildeten. Der legendäre Ruf der Dresdner beruhte vor allem auch auf den 18. April 1892, als sie vormittags den E.F.C. Berlin mit 6:0 und nachmittags eine Auswahlmannschaft des DFuCB mit 3:0 besiegten. Wieder wurde in der Leipziger Illustrirten Zeitung darüber berichtet. Der dazu gehörige Holzschnitt zeigt alle Dresdner Spieler, die weiterhin das Tatzenkreuz auf ihren hellen Sporthemden tragen. Das Sportereignis wurde durch die Anwesenheit des englischen Botschafters in Berlin, Sir Edward Mallet, besonders aufgewertet. In der Folgezeit besiegte die Dresden XI die Teams von Regatta Prag und von Victoria Berlin. In den Artikeln von Spiel und Sport und der Wiener Allgemeinen Sport-Zeitung wird ausführlich über die Spiele und über die anschließenden kostspieligen Banketts berichtet. Während die Namen der Spieler oft wechselten (Ausnahme Captain J. W. Bell) war der Reverend der Schottischen Kirche, James Davis-Bowden, als Präsident eine feste Größe. Ein Spieler namens Vines spielte später bei den White Rovers in Paris, wo die Briten mit verschiedenen Teams die Entwicklung des Associationfußballs vorantrieben (1872 Havre Football Club; 1879 Paris Football Club; 1891: White Rovers, Standard Athletic Club). Gleiches gilt für Belgien (1880 Antwerp Cricket, Football und Lawn Tennis Club; 1889 Brussels Football Club Association) und andere europäische Länder (Schweiz 1869).  
Am 10. März 1894 erlitt der Dresden Football Club die erste Niederläge gegen Victoria Berlin (0:2). Die Zeit der Gentleman-Kicker ging langsam zu Ende, schon vorher hatte man mitunter Schwierigkeiten gehabt, elf Spieler für ein Spiel zusammen zu bringen, was auch zu Spielabsagen führte. Im Gegensatz zu ihnen spielten die Teams in Berlin jede Woche gegeneinander. In Dresden gab es erst ab 1895 einen zweiten Verein, der Neue Dresdner Fussball-Club, dem Deutsche und ehemalige Mitglieder des englischen Teams angehörten. 1897 trat der Dresden Football Club noch einmal gegen Victoria Berlin an und verlor 0:6. Von diesem Match liegen die ersten drei Fotoaufnahmen der Dresden XI vor. Sie erschienen in Sport im Bild. Darin heißt es auch, dass die Dresdner in Schwarzgelb aufliefen. Der verantwortliche Redakteur, Andrew Pitcairn-Knowles, zählt ebenfalls zu jenen mobilen Briten, die für das Ende des 19. Jahrhunderts so typisch sind. Gegen ein englisches Team aus Wien war für den 5. Dezember 1897 ein Spiel geplant, wegen politischer Unruhen in Prag, konnten die Österreicher aber nicht die Reise antreten. Aus dem Jahr 1898 sind die letzten Spielergebnisse des Dresden Football Club bekannt (siehe Statistik). Dresden als Wiege des Fußballs in Deutschland zu bezeichnen, bleibt ein Mythos. Wichtiger für den Fußballsport war die Entwicklung in Berlin, Leipzig und Südwestdeutschland, wo es bereits 1872 eine englische Schulmannschaft bei Baden-Baden gab. Der DFC wurde wegen seiner Siegesserie deutschlandweit bekannt. Seine Bedeutung für die Entwicklung des Fußballs in Deutschland war spätestens nach dem 1. Weltkrieg vergessen. Die Aufarbeitung der Geschichte dieses Teams hat nunmehr begonnen.   Aktualisiert am 4.11.2015, Hans-Peter Hock



1874: Im oberen Teil des Holzstiches vom April 1874 gab es ein Mannschaftsbild des Dresden Football Club samt ausgelobten Preisen für die Leichtathletikwettkämpfe und einem Polizisten, der die Preise bewachte.


1892. Holzstich aus der „Leipziger Illustrirten Zeitung“. Am 18. April 1892 besiegte der Dresden Football Club den English Football Club Berlin mit 6:0 und eine Auswahlmannschaft des Deutschen Fussball- und Cricket-Bundes mit 3:0. Die Darstellung zeigt alle elf Dresdner Spieler. Sie tragen wie 1874 das Cross pattée auf ihren Sporthemden. 




1897 Foto 1. Die ersten Fotos vom Dresden Football Club gab es 1897 von ihrem Spiel beim Thorball- und Fußball-Club Victoria Berlin von 1889. Hier wird der Dresdner Spieler Bray vom Berliner Otto Baudach attackiert. Die Dresden XI lief, so heißt es in Sport im Bild, in schwarzgelb auf.




1897 Foto 2. Victoria Berlin : Dresden Football Club 6:0. Szene vor dem Dresdner Tor. Die drei Verteidiger stehen in einer Linie und tragen alle etwas unterschiedliche Sportkleidung. 


1897 Foto 3. Gleich zwei Spieler der Victoria attackieren einen Dresdner Spieler. Dabei handelt es sich vermutlich um den aus Hamburg stammenden Friedrich Adolph Traun (1876–1908), der 1895 in Dresden sein Chemiestudium aufgenommen hatte und 1896 bei den 1. Olympischen Spielen der Neuzeit Gold im Tennis-Doppel gewann. Somit spielte beim Dresden Football Club ein überaus renommierter Sportler jener Zeit. Traun setzte dann sein Studium in Heidelberg fort. Mehr über ihn hat der Sporthistoriker Heiner Gillmeister in seinen Büchern über die Geschichte des Tennis zusammengetragen.




1896 gab es in einer der November-Nummern von "Spiel und Sport" einen längeren Artikel über ein Fußballturnier in Dresden, bei dem der Deutsche Fussball Club Prag, der Neue Dresdner Fussball-Club und der Dresden Football Club antraten. Dabei wird gleich im ersten Satz des Spielberichts das Gründungsjahr der englischen Dresden XI erwähnt. Dies war lange Zeit die älteste nachgewiesene Quelle, welche die Gründung des Dresden Football Club, wenn auch nur kurz, behandelt.   Aktualisiert am 2. Februar 2015. 
Dieser Sachverhalt hat sich mittlerweile geändert. Der Dresden Football Club wurde im Oktober 1873 gegründet, die ersten Rugby-Spiele fanden im folgenden Monat November statt. Die Angaben hierzu sind eindeutig. Aus diesem Jahre konnte ein Artikel aus einer englischen Wochenzeitung in Erfahrung gebracht werden, der ausführlich auf die Gründung und deren nähere Umstände eingeht. Im Oktober 2017 erschien im Arete Verlag Hildesheim die neue Publikation "Der Dresden Football Club und die Anfänge des Fußballs in Europa", 112 Seiten, € 14,95, mit Vorlage der neuen Quellen. Darin wird auch die neu entdeckte Primärquelle angeben, wo in Deutschland der bislang bekannte älteste Nachweis für Fußball vorliegt: Lüneburg. Dort wurde am Johanneum im Herbst 1875 Assoziationsfußball gespielt. Es liegen sowohl englische als auch deutsche Quellen vor.  Aktualisiert am 14. Februar 2017. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen